Bayerns Integrationsbeauftragte besucht Schweinfurter HEROES
Die Bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, MdL, hat das Projekt HEROES in Schweinfurt besucht und an einer Gruppenstunde zum Thema „Kulturelle Identitäten - Wertekonflikt“ teilgenommen.
Neben Staatssekretär Gerhard Eck war auch die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer zu Gast bei der Zertifizierungsfeier der Schweinfurter HEROES im Jahr 2019.
Beide honorierten die Arbeit der HEROES und ihren Mut sich gegen veraltete Rollenbilder zu stellen und Jugendlichen aus Ehrenkulturen Wege zu vermitteln, gegen Unterdrückung im Namen der Ehre und für Gleichberechtigung Stellung zu nehmen. Frau Brendel-Fischer erwähnte auch, dass dies ein wichtiger Beitrag zur Integration in Deutschland sei.
Schon damals äußerte sie den Wunsch: „…mal eine Gruppenstunde live mitzuerleben“. Dabei war es ihr wichtig die Authentizität der Gruppenstunde zu wahren und ohne „großes Aufheben“, so Brendel-Fischer, teilzunehmen. Durch die kurz darauf eingetretene Corona-Pandemie schien der Besuch schon fast in Vergessenheit geraten zu sein. Um so mehr freuten sich die HEROES, dass Frau Brendel-Fischer sich Ende Oktober 2021 nun doch kurzfristig Zeit nehmen konnte, um die angehenden HEROES näher kennen zu lernen und den Ablauf einer Gruppenstunde mit zu erleben.
Frau Sorya Lippert, zweite Bürgermeisterin der Stadt Schweinfurt, setzt sich seit Jahren für die HEROES in Schweinfurt ein. Sie war bereits bei jeder Anerkennungsfeier zu Gast und richtete mit ihren Reden bewegende Worte an das Publikum. Immer wieder betonte sie, wie wichtig es ist ein solches Projekt in Schweinfurt zu haben. Erst im Juli reiste Frau Lippert nach München, um die Schweinfurter HEROES beim Symposiums: „Youth – Empower Yourself!“ – Bayerische HEROES und andere Projekte im Kulturhaus Milbertshofen, zu begleiten. Während einer Podiumsdiskussion debattierte sie mit Staatsminister Joachim Herrmann, zwei HEROES und weiteren Gästen über die Wirkung der HEROES in Bayern.
Auch sie äußerte den Wunsch an einem der Trainings teilzunehmen und nahm sich kurzerhand die Zeit gemeinsam mit Frau Brendel-Fischer während der Gruppenstunde mit den Jungen über „kulturelle Identität“ und „Wertekonflikte“ zu diskutieren.
(oben, von rechts nach links: Khalil Derwish, Diyap Yesil, Claudia Federspiel, Susanne Winter, Gudrun Brendel-Fischer, Sorya Lippert, Hasan Sayed Yahya - unten, von rechts nach links: Amrullah Nazari, Habasch Ali, Mohammad Mezal, Abudulrahman Alzahrani)
Zu Beginn der Gruppenstunde, zeigte Diyap Yesil, Gruppenleiter der HEROES in Schweinfurt, einen Videoclip über ein Rollenspiel, dass von den HEROES für Workshops an Schulen erarbeitet wurde: Hasan mit syrischem Migrationshintergrund spielt einen Kunden bei einem Friseurbesuch. Der Friseur fragt Hasan, woher er kommt. Hasan sagt, dass er in Deutschland lebt und ein Deutscher sei. Der Friseur zeigt provokativ auf ein Bild mit einem blonden Jungen und sagt: „Du bist kein Deutscher, so sieht ein Deutscher aus“, nachdem Hasan vergeblich versucht, seinen Standpunkt zu erklären, verlässt er aufgebracht den Friseurladen. Beim Ausgang stellt er sich die Frage: „Was bin ich jetzt, ein Syrer oder ein Deutscher?“
Des Weiteren ging es um verschiedene Wertevorstellungen und die Erwartungen der Familien in Ehrenkulturen. „Was bedeutet es eigentlich, auf den Ruf der Familie zu achten? Bei uns geht es immer um die anderen, was sagen die anderen, was sagt die Nachbarin, was redet der Nachbar über uns..“ meint Mohammed Daoudi, HEROES Gruppenleiter. „…und nicht die Taten sind wichtig, sondern was die anderen Menschen davon halten“, ergänzt Diyap.
„Uns Heroes ist es wichtig zu zeigen, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Wenn Nachbarn oder andere schlecht von ihm denken ist das ihr Problem“, so Amrullah. „Ihre oder Seine Familie soll sie oder ihn nicht verurteilen, nur weil sie Angst vor dem ‚schlechten Ruf‘ haben“, ergänzt Habasch.
„Jeder Mensch hat die gleichen Rechte, egal welches Geschlecht, welche Religion, Beruf, Herkunft, sexuelle Orientierung er oder sie hat, – genau das wollen wir allen sagen!“ betont Khalil.
Frau Brendel-Fischer nickt verständnisvoll: „Das gibt es auch hier, gerade in den Dörfern,…ist es auch noch ein bisschen so, hier in Deutschland. Da ist der Druck manchmal auch sehr groß, der auf einem lastet...“ Für sie ist es wichtig, dass „interkulturelles Zusammenkommen“ und „gegenseitiges voneinander Lernen“ als Grundlage für Integration genommen wird.
Brendel-Fischer, stellt fest: „Es geht hier weder um Umerziehung noch um Angriffe auf die Religion. Junge Migranten aus patriarchalisch geprägten Kulturen lernen tradierte Rollenmuster zu überdenken und entwickeln Empathie für die Frauenperspektive. Über die Workshops wird dieses veränderte Denken dann an andere Jugendliche weitergegeben.“
(von links nach rechts: Mohammed Daoudi, Salaheddin Ayoubi, Amrullah Nazari, Sorya Lippert, Gudrun Brendel-Fischer, vorne: Abudulrahman Alzahrani)
Im Fokus der Trainings (Gruppenstunden) steht die Problematisierung der Männerrolle im Kontext der Ehrenunterdrückung von Mädchen und Frauen. Ziel ist es, den Jungen Raum zu geben, patriarchale Machtstrukturen differenziert und kritisch zu betrachten. Im Laufe des Trainings überwinden sie gewisse Grenzen der Ehrkultur und erlangen durch kreative und pädagogische Methoden mehr Sicherheit darin, Stellung zu beziehen: gegen die Unterdrückung im Namen der Ehre und für das Recht der Mädchen/Frauen auf Menschenrechte und Gleichberechtigung.
Mainpostartikel vom 27.10.2021: Modellprojekt: Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre
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